Wissenschaft, jetzt mit Witz und Humor!

Eine überfällige Innovationsrunde in der Wissenschaft. Die kommt immer noch so trocken und langweilig daher. Die Wissenschaftskommunikation will Witz und Humor, sogar kabarettistische Züge in die Forschung bringen. Ein Science Slam bereicherte die Münchner Wissenschaftstage 2017, im Wirtshaus. Und es wird noch besser!

Die deutsche Akademie der Technikwissenschaften acatech und die Bayerische Akademie der Wissenschaften wagen neue Wege. Um ein großes Publikum zu erreichen, muss die Wissenschaft Ballast abwerfen, einfacher kommunizieren, verspielter und humorvoller ihre Themen darstellen. Und Bühnen außerhalb von Hörsälen bespielen, zum Beispiel Kneipen.

ARD ALPHA MIT DABEI

Ende November 2017 krönten die beiden Akademien mit einem Science Slam die Münchner Wissenschaftstage zum Generalthema Zukunft. Das Wirtshaus am Bavariaring in München war mit 250 Besuchern brechend voll. Der Bildungssender ARD Apha war mit einem großen Kamerateam ausgerückt. Zum Science Event werden die TV-Leute am 12. Dezember zur Tagesbestzeit um 19 Uhr eine Sendung ausstrahlen. Dazu interviewten sie die Slammer und präsentieren die Highlights ihrer Performance.

Markus Berg (c) acatech

Die Kunst bei einem Slam ist, ein komplexes Thema aus Forschung und Wissenschaft in zehn Minuten anschaulich auf seinen Kern herunterzubrechen. Verkleidungen und Powerpoint-Präsentationen sind erlaubt. Die Slammer unterwerfen sich dem Urteil des Publikums. Durch die Lautstärke seines Klatschens entscheidet es über den Sieger.

STIMMUNG ANHEIZEN

Die Moderation des Slams übernahm der Chemiker Dr. Jaromir Konecny, einer der Altvorderen der Szene und Poetry Slam Pionier, der unter anderem mit Witzen aus seiner tschechischen Heimat die Stimmung in dem Saal anheizte.

Acht Performer traten auf die Bühne.

Markus Berg, Institut für Rundfunktechnik GmbH, mit: „Verdammt, wo ist der Ton 2.0“. Der Alt-Slammer und Champion führte in zukünftige Übertragungstechniken für TV-/Radio Live Übertragungen aus Stadien und Konzerthallen ein und ließ sich über Überraschungen aus, etwa welche Störungen mit der neuen Technik blühen.

EWIG LEBEN?

Wolfgang Goede (c) acatech

Dr. Karin Bodewits von NaturalScience.Careers. Mit charmantem holländischen Akzent präsentierte sie: Homo Scientius und das leckende Rohr. Wie Karrierewege in der Wissenschaft versanden. Sie ist Autorin des Buches: You must be very intelligent (Springer).

Béla Frohn, Student an der TU/LMU München, arbeitete sich am ewigen Leben ab. Blutübertragungen von Jüngeren halten jung, aber ist denn ein superhohes Alter unbedingt erstrebenswert?

Philipp Gadow, Doktorand am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, brachte Licht in die Dunkle Materie, mit Beispielen vom LHC (Large Hadron Collider) in Cern. Bei der Probe aufs Exempel schoss er mit einem (Stoff-)Hund auf das Publikum.

EINSAME ATOME

Wolfgang C. Goede, Wissenschaftsjournalist, nahm sich die künstliche Intelligenz und den Hype um sie vor: Wie die Sex- und Porno-Industrie zum Treiber der KI wird und wie sie die Liebe verändern könnte.

Frauke Seeßelberg (c) acatech

Frauke Seeßelberg, Doktorandin am Max-Planck-Institut für Quantenoptik, erfand die Molekulare Partnervermittlung für Atome, denn: Als Alkali-Atom in einem ultrakalten Quantengas kann es schon mal ganz schön einsam werden.

Dr. Claudia Wick, Bayerische Akademie der Wissenschaften, slammte zum Thema: Zukunft ist befristet. Sie nahm die Absurditäten der akademischen Planwirtschaft und Evaluierung aufs Korn, mit liebevoll von ihr selbst angefertigten Zeichnungen, die als Präsentation durchliefen.

ZWEI SIEGER

Claudia Wick (c) acatech

Christoph Wiedmer, Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV, folgte seiner Nase. Der Lebensmittelchemiker erklärte, welche Substanzen für den fiesen Geruch von Plastikspielzeug verantwortlich sind und mit welchen raffinierten Methoden sie sich heute nachweisen lassen.

Bei der Siegerehrung bedachte das Publikum die Slammer mit großem Beifall. Zum Tosen schwoll er an bei Frohn und Wiedmer. Sie beide gewannen den Siegerpokal, eine geheimnisvoll leuchtende Kristallkugel. Damit der Blick der Forschung in die Zukunft noch verlässlicher werde.

Sieger Béla Frohn (li.) und Christoph Wiedmer (c) acatech

Termine/Save the Date: acatech Derblecken, bei acatech am Dienstag, 27. Februar, ein Tag vorm der traditionellen (und gefürchteten) Nockherberg Starkbierprobe und Derblecken

Aktueller Report: acatech-Slam-Report

Hintergrund: Lachen über Wissenschaft wird zum Programm

Literatur: John Vorhaus: Handwerk Humor, Zweitausendeins.

Wir sind viel zu logisch. Humor ist, das Irrationale zuzulassen, maßlos zu übertrrrrrrrrreiben, steile Thesen aufzustellen, ungewöhnliche Perspektiven zu servieren, sich selber durch den Kakao zu ziehen, den inneren Kritiker auszuschalten, unverträgliche Elemente zusammenzuschweißen (Hure im Kloster, Elefant in der Badewanne, Baby als Präsident). Ein Lehrbuch, sehr amüsant, mit vielen Übungen, eines der besten Bücher, die es zum Thema gibt.

bitte wweiter sagen ....